Pflichtteil bei Schenkungen

Was passiert nach einer Schenkung mit dem Pflichtteil?
In diesem Beitrag geht es deshalb um den Pflichtteilergänzungsanspruch.

(Zum Thema Schenkungen lesen Sie bitte meinen ausführlichen Blogbeitrag oder holen sich mein Infopaket mit ausführlichem E-Book.)

Beispiel eines denkbaren Familien-Szenarios

Ein Vater hat drei Söhne.

Der älteste Sohn Sepp fühlt sich von seinem Vater missverstanden und ausgegrenzt. Er verlässt die Familie nach dem Studium, zieht in die USA und kappt jegliche Verbindungen zu seinem Vater.

Der Vater, zwischenzeitlich Witwer, macht ein Testament und setzt seine beiden vor Ort lebenden Söhne Tim und Ulli zu hälftigen Erben ein. Sepp wird (wie es Juristen formulieren) auf den Pflichtteil gesetzt.

Zusätzlich bespricht sich der Vater mit einem Freund, der ihm rät, einen großen Teil seines Vermögens an seine beiden favorisierten Söhne zu verschenken. Diesen Rat setzt der Vater in die Tat um.

Er verschenkt aus seinem Vermögen an seine Söhne Tim und Ulli jeweils Geldvermögen in einem Wert von je 500.000 €.
5 Jahre nach dieser Schenkung stirbt der Vater. Seine beiden Söhne erben auf der Grundlage des Testamentes je zur Hälfte.

 

Was passiert nach der Testamentseröffnung?

>>> Der Sohn Sepp erfährt zur Testamentseröffnung, dass seine beiden Brüder Erben sind. Er macht seinen Pflichtteil geltend.

>>> Um keine Fehler zu machen, sucht er einen Rechtsanwalt auf.

>>> Der Rechtsanwalt fordert die beiden Erben Tim und Ulli auf, Auskunft zum Nachlassbestand des Vaters zu geben.

>>> In der Liste der zur Auskunft erbetenen Punkte ist unter anderem die Frage nach den Schenkungen der vergangenen 10 Jahre enthalten.

Warum wird vom Rechtsanwalt nach Schenkungen gefragt?

– Schenkungen sind bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruches zu berücksichtigen.
Grundlage des Pflichtteilsergänzungsanspruches ist § 2325 BGB.
Diese Vorschrift will verhindern, dass der Erblasser durch Schenkungen zu Lebzeiten seinen Nachlass vollständig aushöhlt.

– Die Regelung des § 2325 BGB sieht vor, dass die Erblassergeschenke der letzten zehn Jahre dem vorhandenen Nachlass zugerechnet werden und hieraus der Pflichtteil errechnet wird. (bei Ehegattenschenkungen sogar noch über diesen Zeitraum hinaus.) Warum 10 Jahre? Es ist die Zeit im Alter, in welcher der Erblasser oft stark beeinflussbar ist.

Was bedeutet das für unsere Beispiel-Familie?

Der Vater hinterlässt einen Nachlass von 700.000 €.

Zusätzlich zu diesem Nachlasswert wird der Wert der an die Söhne Tim und Ulli gemachten Geschenke hinzugezählt.

Da seit der Schenkung bereits 5 Jahre vergangen sind, wird der Wert der Geschenke um jeweils 50% reduziert. Das heißt, die überlassenen Geldbeträge werden nur zur Hälfte, also mit jeweils 250.000 € dem Nachlass zugerechnet.

Insgesamt beträgt der Nachlass des Vaters damit 1,2 Mio. €.

Der Pflichtteil des Sohnes Sepp besteht in Höhe 1/6, da der Vater drei Söhne hinterlässt.

Dieses 1/6 (von 1,2 Mio) macht Sepp als Geldanspruch gegenüber seinen Brüdern Tim und Ulli geltend.

Tim und Ulli werden Sepp somit den Pflichtteilsanspruch in Form einer Geldzahlung in Höhe von 200.000 € zahlen müssen. 

Die Realität ist oftmals viel komplizierter

Ich habe bewusst ein einfaches Zahlenbeispiel beschrieben, um das Vorgehen und den Rechenweg aufzuzeigen. In der Praxis sind diese Fälle nicht so einfach.

Wieder einmal empfehle ich Ihnen, in einer solchen Situation anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Diese Hilfe kann auf beiden Seiten, sowohl dem Pflichtteilsberechtigten als auch dem/den Erben notwendig sein.

Ist Ihnen das alles zu kompliziert? Haben Sie Fragen zum Pflichtteil bei Schenkungen?

Gern berate ich Sie in einer einstündigen Online-Rechtsberatung genau zu IHREM Fall.
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 Antworten in Bezug auf Pflichtteilergänzungsansprüche

>>> Der Pflichtteilsergänzungsanspruch richtet sich gegen die Erben. Die benannte Geldforderung ist eine Nachlassverbindlichkeit.

>>> Voraussetzung ist in jedem Fall, dass der Erblasser einen Vermögenswert verschenkt hat. Wann und unter welchen Voraussetzungen eine Schenkung vorliegt, ist in § 516 BGB geregelt. Der Wert des verschenkten Gegenstandes ist im Rahmen der Berechnung eines Pflichtteilsergänzungsanspruches festzustellen. Dabei wird zwischen verbrauchbaren und nicht verbrauchbaren Sachen unterschieden. Eine verbrauchbare Sache ist z.B. Geld. Eine nicht verbrauchbare Sache ist ein z.B. ein Grundstück.

>>> Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist ein selbständiger Anspruch gegenüber den Erben. Zusammen mit dem Pflichtteilsanspruch errechnet man aus der Summe der beiden Ansprüche den sogenannten Gesamtpflichtteil.

>>> Grundsätzlich können alle im BGB benannten Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteilsergänzungsanspruch gegenüber dem Erben geltend machen. Das können die Kinder des Erblassers, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und Eltern sein.

>>> Die Pflicht, Schenkungen bei der Pflichtteilsergänzung mit einzubeziehen, ist auf einen 10-Jahreszeitraum begrenzt. Dieser Zeitraum beginnt grundsätzlich ab Leistung der Schenkung.

>>> Im Zuge der letzten Erbrechtsreform im Jahre 2010 wurde die aktuelle Abschmelzungsregelung in § 2325 BGB geregelt. Das bedeutet: Nach dem Jahr der Leistung reduziert sich der pflichtteilsergänzungserhebliche Wert der Schenkung mit jedem Jahr seit der Leistung um 1/10.

>>> Manche Schenkungen, insbesondere bei Grundstücken, sind allerdings mit zusätzlichen Regeln versehen, die den Beginn der 10 Jahresfrist hinausschieben. Dies kann durch den Vorbehalt von Nutzungsrechten, z.B. Nießbrauchsrechte zugunsten des Schenkers, erreicht werden.

>>> Bei Schenkungen an Ehegatten beginnt die Zehnjahresfrist nicht vor dem Zeitpunkt der Auflösung der Ehe. 

Komplikationen & Probleme bei der Berechnung des Pflichtteilergänzungsanspruchs

Ich hatte darauf aufmerksam gemacht, dass die Wertfestsetzung im Einzelfall kompliziert sein kann.

>>> Einfach ist die Bewertung bei verbrauchbaren Sachen.
Geld und z.B. auch Wertpapiere sind mit dem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung anzusetzen. Beim Ansatz des Wertes einer Geldzuwendung ist der Kaufkraftschwund zur Bemessung einer Inflationsbereinigung zu berücksichtigen.

>>> Komplizierter ist die Berechnung bei Grundstücken und Immobilien.
Die kommen mit ihrem Wert zur Zeit des Erbfalls in Ansatz.

War der Wert bei der Schenkung geringer, so ist dieser niedrigere Wert anzusetzen. Nach der Schenkung eingetretene Wertverluste gehen zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten. Nur das, was der Erblasser wertmäßig verschenkt hat, hat den Pflichtteil eines Berechtigten auch tatsächlich reduziert.

Würde man z.B. einen höheren Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls ansetzen, würde der Pflichtteilsberechtigte an dem Wert von Reparatur- oder Instandhaltungsmaßnahmen des Beschenkten an der Immobilie profitieren. Ein solches Vorgehen ist von dem Gedanken eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht gedeckt.

Mein Tipp:

Aus obigem Beispiel wird deutlich, dass ein Erblasser schon frühzeitig mit der Gestaltung seiner Nachlassplanung beginnen sollte. Schenkungen sind hierbei ein wichtiges Instrument.

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Rechtsberatung Pflichtteil

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