Ein gültiges Testament in zwei Minuten erstellen – Geht das?

Vor einigen Tagen fand ich im Internet den Werbehinweis: „Testament in zwei Minuten verfassen – hier geht es zu den Mustern.“

Wahrscheinlich sollte dieser Hinweis dem Testierenden die Sorge nehmen, dass das Verfassen eines Testamentes eine höchst komplizierte Angelegenheit und nur mit erheblichem Aufwand und juristischen Kenntnissen zu bewältigen sei.

Aber das Versprechen, innerhalb von zwei Minuten seinen letzten Willen verfassen zu können, lenkt davon ab, dass für die Testaments-Erstellung einige Vorarbeiten und grundlegende Gedanken notwendig sind.

 

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👉 Lesen Sie im Blogartikel, welche Vorschriften Sie unbedingt einhalten sollten, damit Sie ein gültiges eigenhändiges Testament verfassen.

Wie sehen die gesetzlichen Regelungen für ein eigenhändiges Testament aus?

Jurastudenten lernen sehr frühzeitig in ihrem Studium, dass der Blick in das Gesetz der Rechtsfindung dient. Dieser Grundsatz gilt auch für das Erstellen eines eigenhändigen Testamentes. 

Wie Sie als Einzelperson ein Testament errichten können, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Die einschlägige Vorschrift ist §2247 BGB.

Der Wortlaut dieser Vorschrift lautet wie folgt:

1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.

(2) Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.

(3) Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen.

(4) Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten.

(5) Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweit treffen lassen. Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den Ort der Errichtung enthält.

Was bedeutet diese Vorschrift konkret für Ihr eigenes Testament?

So sieht ein gültiges, selber geschriebenes Testament aus

1. Eigenhändig geschrieben

Sie können Ihr Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Das heißt, dass der gesamte Text des Testamentes von Anfang bis zum Ende handschriftlich verfasst sein muss.

Dabei sollten Sie den Text möglichst leserlich und vollständig von eigener Hand schreiben. Ihr Text muss per Hand von Ihnen unterschrieben sein.

Sollten Sie  auf die Idee kommen, sich Ihres Computers zu bedienen (aus Zeit- oder auch Lesbarkeitsgründen), verfassen Sie ein ungültiges Testament.

Bereits an dieser Stelle ist erkennbar, dass das Verfassen eines handschriftlichen Testamentes nach Ruhe und Zeit verlangt.

2. Zwingend erforderlich bei Ihrem Testament: Orts- und Zeitangabe

Das eigenhändige Testament fordert zwingend eine Zeit – und Ortsangabe. Dieser Regelung kommt besondere Bedeutung zu.

Denn liegen mehrere, zeitlich voneinander unabhängige Testamente vor, so findet das dem Todzeitpunkt am nächsten liegende Anwendung.

A) Unterschiedliche Auffassungen und Auslegungen vermeiden
Beginnen Sie grundsätzlich das Verfassen Ihres Testamentes mit der Erklärung, dass alle vorher verfassten Testamente und die darin getroffenen Regelungen aufgehoben und ungültig sind.

Wird eine solche Erklärung nicht in das eigenhändige Testament aufgenommen, so besteht die Gefahr, dass die Erben oder nach dem Gesetz erbberechtigten Hinterbliebenen mithilfe der Auslegung den letzten Willen des Erblassers ermitteln.

Vermeiden Sie die Frage, welches Ihrer Testamente zur Anwendung kommt.

B) Unwirksamkeit vermeiden
Fehlen Orts- und Zeitangaben vollständig, so resultieren hieraus Zweifel an der Wirksamkeit dieses Testamentes. Die drohende Unwirksamkeit kann nur behoben werden, wenn Anhaltspunkte für den Zeitpunkt und den Ort anderweitig gefunden werden können.

Einen derartigen Anhaltspunkt könnte zum Beispiel die Nutzung eines bestimmten Briefpapieres eines Hotels am Urlaubsort einer Person bieten.

Aber: Rätselraten um Zeit und Ort sollten Sie auf jeden Fall durch die gründliche Einhaltung der benannten Regeln vermeiden. Das verhindert langwierige, oftmals streitige und kostenintensive Auseinandersetzungen unter den potentiellen Erben.

3. Mit Vor- und Nachname unterzeichnen

Sie müssen Ihr eigenhändiges Testament mit dem Vor- und Nachnamen unterzeichnen.

Sollten Sie einen Künstlernamen oder eine Bezeichnung verwenden, ist dies nur ausnahmsweise zulässig, wenn dieser Name oder die Bezeichnung einen direkten Rückschluss auf die dahinterstehende Person zulässt.

An dieser Stelle erinnere ich mich an einen Fall in einer Erbrechtsvorlesung, in dem sich eine Dame als „Irma La Douce“ bezeichnete. Diese Bezeichnung genügte nicht, um zweifelsfrei die hinter dem Künstlernamen verborgene Person zu identifizieren.

Daher Vorsicht bei der Verwendung von Künstlernamen!

4. KEIN eigenhändiges Testament

Minderjährige Personen oder solche, die nicht schreiben und lesen können, sind von der Möglichkeit ein eigenhändiges Testament zu verfassen, ausgeschlossen.

Auch für blinde Menschen ist es nicht möglich, ein rechtsgültiges eigenhändiges Testament zu verfassen.

Mehr zum Thema Pflichtteilsansprüche lesen Sie in meinem Blogartikel.

Wann sollte ein notariell beglaubigtes Testament in Betracht gezogen werden?

A) Bei Krankheit
Wenn Sie bereits unter Demenz in einem Anfangsstadium leiden oder schwer krank sind und unter starkem Medikamenteneinfluss stehen.

Denn kann von erbberechtigten Personen nachgewiesen werden, dass Sie zum Zeitpunkt des Verfassens des Testamentes nicht geschäftsfähig waren, so ist das Testament ungültig.

Ein Notar muss sich vor der Beurkundung des letzten Willens davon überzeugen, dass der Testierende das Ausmaß und die Wirkung seiner Willenserklärungen und letztwilligen Verfügungen, versteht und erkennt.

B) Bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit
Können Dritte Zweifel an der Geschäftsfähigkeit Ihrer Person äußern, so ist es in jedem Fall sinnvoll einen Notar aufzusuchen.

Sie sollten sich darüber hinaus von einem Arzt bestätigen lassen, dass weder Medikamente noch der sonstige geistige Zustand Sie daran hindern, wirksam Ihren letzten Willen zu verfassen.

Das Unternehmertestament

Im Internet kursieren vielfach Hinweise zu Unternehmer-Testamenten.
Deshalb stellt sich die Frage: Brauchen Unternehmer ein besonderes Testament?

Die Antwort ist: Nein. Ein Testament ist ein Testament. Und dafür gelten o.g. Vorschriften.

Allerdings ist klar, dass ein Unternehmer im Vorfeld viel mehr Überlegungen anstellen muss, als ein „Normalbürger“, der nur ein Sparbuch besitzt. Auch steuerliche Aspekte fließen stark in die Gestaltung eines Testaments für Selbstständige ein.

Als Vorbereitung des Testaments ist es oft hilfreich, erst einmal eine Vermögensaufstellung vorzunehmen. Wie das funktioniert und was dabei beachtet werden sollte, erläutere ich Ihnen gern in meiner 1-stündigen Rechtsberatung.

Anwalts Tipps - Erstellen eines handschriftlichen gültigen Testaments

Erfahrungen aus meiner langjährigen Praxis:

Fazit zum Schreiben eines eigenhändigen und gültigen Testaments

Das Verfassen eines eigenhändigen Testamentes für Einzelpersonen ist eine kostengünstige und sinnvolle Möglichkeit, den letzten Willen niederzuschreiben.

Es sind aber auch Situationen denkbar, in denen das Verfassen eines notariellen Testamentes dem eigenhändigen vorzuziehen ist.

Bei komplizierten familiären Konstellationen (Stichwort: Patchwork-Familie) sowie beim Vererben größerer Vermögenswerte, empfehle ich Ihnen, sich anwaltlich beraten zu lassen.

Nutzen Sie dazu gern meine Rechtsberatung.