Was bedeutet Nachlass/Erbschaft?

In der Alltagssprache wird der Begriff: „Er oder sie hat eine Erbschaft gemacht!“ verwendet. Manchmal wird auch das Wort Hinterlassenschaft gebraucht. Juristen sprechen vom Nachlass.

Erbschaft bedeutet für viele, dass der Erbe vermögend wird oder zumindest über zusätzliche finanzielle Mittel verfügt.

Aber Achtung! Letztlich beinhaltet eine Erbschaft auch Verbindlichkeiten, die der Erbe mit seiner Erbenstellung übernimmt.

In diesem Blogartikel erläutere ich, was „Nachlass“ bedeutet. Was dazu gehört und was nicht. Wie mit dem digitalen Nachlass und Schulden umgegangen wird.

👉 Was ist Nachlass/Erbschaft?

👉 Was wird vererbt und was nicht?

👉 Wie wird der digitale Nachlass behandelt?

👉 Was sind Erblasser- und Erbfall-Schulden?

👉 Wie ist die Erbenhaftung geregelt?

1. Nachlass oder Erbschaft

Nachlass meint grundsätzlich das Vermögen des Erblassers als Ganzes im Zeitpunkt des Erbfalls (vgl. § 1922 BGB Bürgerliches Gesetzbuch).

Der Nachlass umfasst:

> Die Aktiva (die Guthaben und werthaltigen Rechte)
d.h. sowohl frei verfügbares Geld als auch Vermögenswerte wie Aktien, Firmenanteile oder andere Kapitaleinlagen.

> Die Passiva
d.h. Schulden und Verbindlichkeiten.

1.1. Was wird vererbt? Was beinhaltet eine Erbschaft?

„Alle vererblichen Güter und Rechtspositionen des Erblassers gehen auf den Erben über.“ Dies ist insbesondere sein Eigentum als auch alle vertraglichen Ansprüche.
Aber was bedeutet das im Einzelnen?

Es bedeutet, dass eben nicht nur das Eigentum auf den Erben übergeht, sondern auch alle vertraglichen Ansprüche.
Der Erbe tritt in sämtliche Geschäfts- und Rechtsbeziehungen ein.

Das können sein:
>
Konto- und Depotverträge bei Banken oder Finanzdienstleistern
> Versorgungsverträge mit Strom- und Gasanbietern
> der Mietvertrag für eine Wohnung
> der Leasingvertrag für ein Fahrzeug
> der Vertrag mit dem Fitnessstudio
>  der Vertrag mit dem Mobilfunkanbieter
> Verträge über Versicherungen etc.

Diese Verträge muss der Erbe (so er sich hierfür entscheidet) unter Einhaltung der vertraglichen oder auch gesetzlichen Fristen kündigen.

👉 Tipp:
Machen Sie es Ihren Erben in einer Zeit der Trauer leichter, alle notwendigen Schritte einzuleiten, indem Sie einen Vorsorgeordner anlegen, in dem alle Verträge und wichtigen Unterlagen zusammengefasst sind.

Hier können Sie sich eine Checkliste herunterladen, woran sie alles denken sollten.

1.2. Was wird NICHT vererbt?

Es gibt aber auch Rechte, die nicht vererblich sind. Dies sind solche Rechte, die eng mit der Persönlichkeit des Erblassers verbunden oder in der Person selbst entstanden sind.

So tritt der Erbe nicht in Strafverfahren oder Ordnungswidrigkeitsverfahren des Erblassers ein. Sind Geldstrafen oder Ordnungsgelder aber bereits festgesetzt, so richten sie sich auch gegen den Nachlass.

Welche Rechte/Ansprüche erlöschen mit dem Tod des Erblassers?

> Altenteilrechte in der Landwirtschaft
> Nießbrauchrechte
> Wohnungsrechte
> Ansprüche auf Geldentschädigung wegen verletzter Persönlichkeitsrechte. (Sie sind nicht vererblich, da sie ausschließlich der Wiedergutmachung von Verletzungen der Persönlichkeit des Erblassers dienen.)

1.3. Was gilt bei Versicherungen? Sind sie Teil des Nachlasses?

Die Frage, ob eine Lebensversicherung in den Nachlass fällt, ist in der Praxis nicht immer einfach zu beurteilen. Versicherungsvertreter beraten ihre Klienten dahingehend, dass mit dem Abschluss von Versicherungsverträgen das Vermögen dem (oftmals ungeliebten) Pflichtteilsberechtigten entzogen wird.

Entscheidend ist die Bezugsberechtigung.
Der Bezugsberechtigte hat einen eigenen Anspruch gegenüber der Lebensversicherung, die damit nicht in den Nachlass fällt. Das bedeutet aber nicht, dass die Zuwendungen aus Lebensversicherungen nicht bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen oder Ausgleichsansprüchen zu berücksichtigen sind.

In bestimmten Konstellationen sind Zuwendungen aus Lebensversicherungen als Schenkungen auf den Todesfall zu sehen. Wie schon aus der komplizierten Bezeichnung ersichtlich ist, sind derartige Fragen nicht selten Gegenstand anwaltlicher Beratung.

Nur dann, wenn der Erblasser im Versicherungsvertrag keinerlei Bezugsberechtigung bestimmt, wird die Versicherungssumme Bestandteil des Nachlasses.

2. Digitaler Nachlass

Immer bedeutender wird die Frage der Behandlung des sogenannten digitalen Nachlasses. Der digitale Nachlass (oder das digitale Erbe) beinhaltet eine Vielzahl von Rechtspositionen eines verstorbenen Internetnutzers.

Zum digitalen Nachlass gehören:
> die Vertragsbeziehungen zu Host-, Access- oder E-Mail-Providern
> Aktivitäten in sozialen Netzwerken
> virtuelle Konten
> Eigentumsrechte des Verstorbenen an Hardware
> Nutzungsrechte an Software
> Urheberrechte und Rechte an hinterlegten Bildern
> Foreneinträge und Blogs

👉 Mein dringender Tipp:

> Legen Sie noch zu Lebzeiten fest, wie mit Ihrem digitalen Erbe umgegangen werden soll.

> Hinterlegen Sie an geeigneter, aufzufindender Stelle Ihre Passwörter und Zugangsdaten. So kann sich Ihr Erbe zur Ermittlung des Nachlassbestandes einen Überblick über lediglich per Email oder auf Webseiten hinterlegte Rechnungen verschaffen.

Um Mahnkosten oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen für Forderungen von verschiedenen (Online-) Unternehmen zu vermeiden, muss der Erbe in der Lage sein, auf die Zugänge des Erblassers zuzugreifen.

> Wollen Sie ausdrücklich NICHT, dass Ihre Erben Zugriff auf das Datenmaterial in sozialen Medien oder anderen Online-Plattformen haben, so sollten Sie dies ebenfalls ausdrücklich erklären.

Soziale Medien und Digitaler Nachlass

Es sind noch nicht alle Fragen abschließend gerichtlich geklärt, die mit der Nutzung sozialer Netzwerke verbunden sind.

Wo die Grenze verläuft-
> einerseits zwischen der Bewahrung des Persönlichkeitsrechtes des Erblassers und
> andererseits dem Recht der Erben, den Nachlass vollständig in Besitz zu nehmen:
Das muss weiterhin diskutiert  und gegebenenfalls gesetzlich geregelt werden.

Bei einigen Unternehmen (wie z.B. Facebook) können Sie die Fragen, was mit den Daten nach Ihrem Tod geschehen soll, bereits zu Lebzeiten regeln. Sie sollten (wo immer es möglich ist) diese Regelungen frühzeitig treffen.

 

3. Werden auch Schulden vererbt?

Die Schulden des Erblassers werden als Passiva bezeichnet. Und wie oben schon beschrieben, gehören auch die Passiva zum Nachlass. Die Antwort lautet also: JA.

3.1. Die Erblasserschulden

Die ERBLASSER-Schulden haben ihren Ursprung im Rechts- und Geschäftsverkehr des Erblassers. Der Erbe übernimmt alle vertraglichen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten des Erblassers.

Wenn der Erblasser beispielsweise zur Finanzierung eines Fahrzeugs ein Darlehen aufgenommen hat, ist der Erbe zur Rückzahlung der Darlehensraten nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet.

Gleiches gilt für sämtliche vertraglichen Pflichten des Erblassers, die sich unter anderem aus Miet- oder Telekommunikationsverträgen, Versicherungen etc. ergeben.

3.2. Die Erbfallschulden

Bereits aus dem Begriff ERBFALL-Schulden ist zu entnehmen, dass diese Verbindlichkeiten mit dem Erbfall (also dem Eintritt des Todes) in Verbindung stehen.

Zu den Erbfallschulden zählen z.B.:
> die Bestattungskosten
> die Kosten der Grabstelle
> Kosten für die Testamentseröffnung oder Erbscheinerteilung
> die durch den Erbfall entstandene Pflichtteilsansprüche
> vom Erblasser ausgesprochene Vermächtnisse
> an den Erben in einem Testament erteilte Auflagen etc.

3.3. Die Erbenhaftung

Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches sehen mit Antritt des Erbes eine vorläufig unbeschränkte Haftung des Erben vor.

Der Erbe haftet sowohl für die Erblasser-Schulden als auch für die Erbfall-Schulden. Er haftet mit dem Nachlass UND mit seinem sonstigen Vermögen für die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten.

3.4. Die Beschränkung der Erben-Haftung

Es gibt drei Möglichkeiten, die Erbenhaftung zu beschränken.

A) 3-Monats-Einrede
Der Erbe hat aber auch die Möglichkeit, seine Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Dies setzt voraus, dass der Nachlass vom sonstigen Vermögen des Erben getrennt wird.

In den ersten drei Monaten nach Annahme der Erbschaft kann der Erbe dann, wenn er sich noch keinen vollständigen Überblick über den Nachlassbestand verschaffen konnte, die sogenannte Dreimonatseinrede erheben.

B) Aufgebotsverfahren
Der Erbe kann weiterhin die Nachlassgläubiger in einem Aufgebotsverfahren zur Anmeldung ihrer Forderungen auffordern.

Das Aufgebot als solches führt zwar nicht zu einer Beschränkung der Haftung des Erben. Gegenüber Gläubigern, die im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen werden, haftet der Erbe allerdings nur noch mit dem Nachlass.

C) Nachlass-Verwaltung und Nachlass-Insovenzverfahren

Schließlich kann der Erbe die Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlass-Insolvenzverfahrens beantragen.

Beide Verfahren bewirken eine amtliche Absonderung des Nachlasses vom sonstigen Vermögen des Erben. Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gehen auf den Nachlass- oder den Nachlassinsolvenzverwalter über.

Der Antrag auf Nachlassverwaltung kann jedoch nur binnen einer Zweijahresfrist nach Erbantritt beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden.

👉 Tipp:

Um gegenüber Gläubigern, Pflichtteilsberechtigten oder auch behördlichen Zugriffen vorbereitet zu sein, empfehle ich den Erben dringend, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen (also eine genaue Aufstellung der Aktiva und Passiva des Nachlasses).

Bewegliche Gegenstände werden gezählt und in einer Liste aufgeführt. Verbindlichkeiten werden erfasst und ebenfalls in einer Liste zusammengestellt.

Um das Nachlassverzeichnis zu vervollständigen, sollte der Erbe den Nachlass fotografieren. Damit kann er zu gegebener Zeit notwendige Nachweise führen.

 

Bettina Reese Anwalt für Erbrecht, Nachlassverwaltung und Vorsorge für Notfälle

Ich bin Bettina Reese.

Ich unterstütze Selbstständige bei Themen rund ums Erbrecht und die Vorsorge für den Notfall.

Ein Tipp aus meiner langjährigen Praxis:

Erbschaft gut vorbereiten und Nachlass aufbereiten

Legen Sie einen Vorsorge- und Notfallordner an, in dem Sie Ihre wichtigsten Unterlagen, Verfügungen und Aufstellungen zu Vermögen und Verbindlichkeiten zusammenfassen.

So machen Sie es Ihren Erben in einer Zeit der Trauer leichter, den Überblick über Ihre abgeschlossenen Verträge, Abos, Mitgliedschaften usw. zu behalten

Hier können Sie sich eine Checkliste mit Infopaket kostenlos herunterladen, was alles in so einen Notfall-Ordner gehört.

Gern unterstütze ich Sie in allen

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